Beim Regionalligisten FV Illertissen kicken gleich drei Japaner. Einer von ihnen hat einen Bruder, den Bundesliga-Fans kennen.
Sushi. Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen. An vieles haben sich Goson Sakai, Kento Teranuma und Natsuhiko Watanabe in Bayern schon gewöhnt. Aber eben nicht an alles. Wie kommen die drei Japaner zum FV Illertissen? Und wie ergeht es Ihnen in der Region? Uns erzählen sie es – auch im Video.
An die Sprache, ans Klima, an die Kultur und die Landschaft haben sie sich gewöhnt. Aber das mit dem Essen ist nach wie vor so eine Sache. „Richtiges Sushi vermisse ich hier in Deutschland am meisten“, sagt Sakai. In der Region steht der japanischen Küchen-Klassiker zwar in so manchem Restaurant auf der Karte. Und Fisch gibt’s quasi in jedem Supermarkt zu kaufen. Die drei Fußballer schütteln den Kopf und lachen herzhaft über diesen laienhaften Einwurf des Reporters. „Sushi ist viel mehr als roher Fisch auf Reis. Der Genuss in Japan unterscheidet sich von den Gepflogenheiten hier in Deutschland“, erklärt Sakai. Aber zum Kochen und Genießen ist er ohnehin nicht nach Deutschland gekommen. Sakai und seine beiden Landsmänner Teranuma und Watanabe haben ihre Qualitäten auf dem Fußballplatz. Mit dem FV Illertissen will das Trio aus Fernost in der kommenden Regionalliga-Saison durchstarten. Die Kontakte in die schwäbische Provinz kamen über Spielerberater zustande. Vorstandsmitglied Hermann Schiller ist sich sicher, dass sie allesamt Verstärkungen für den Kader sind.
FV Illertissen: Neuzugänge sind in Tokio aufgewachsen
Watanabe (26) kam bereits im Sommer 2020 zum FVI, war zuvor beim Liga-Konkurrenten FC Memmingen und dem Südwest-Regionalligisten VfR Aalen aktiv. Schon als kleines Kind hat ihn zu Hause in Tokio das Fußballfieber gepackt, angesteckt von seinem älteren Bruder. Derzeit ist er allerdings verletzt, noch ein paar Wochen muss er seine Bänderverletzung im Knie auskurieren. „Zuzuschauen, wenn die anderen Fußball spielen, wird nicht leicht für mich“, meint er.
Auch Teranuma ist in der größten Metropole Japans aufgewachsen, aber erst vor Kurzem nach Deutschland gekommen. In der vergangenen Saison spielte er für den Oberligisten FC Hennef 05. Sakai absolvierte in den vergangenen Monaten 52 Partien für den VfR Aalen und ist sportlich gesehen eigentlich ein Spätzünder. Er stammt aus Niigata, einer Hafenstadt mit 800 000 Einwohnern. „Ich habe mit Fußball erst als Zwölfjähriger angefangen. Zuvor habe ich Karate gemacht“, erzählt er. Sein Kumpel Watanabe sagt ein wenig ungläubig: „Echt? Das wusste ich gar nicht.“
Sakai und Watanabe teilen sich eine Wohnung In Illertissen haben die beiden genügend Zeit, sich weiter kennenzulernen. Hier haben sie zusammen eine Wohngemeinschaft bezogen. Dass Sakai einen prominenten Bruder hat, weiß Watanabe freilich schon. Gotoku Sakai, war Profi beim VfB Stuttgart und Hamburger SV, derzeit kickt er beim japanischen Erstligisten Vissel Kobe. „Er hat mich auch davon überzeugt, nach Deutschland zu kommen. Ich habe anfangs bei ihm in Hamburg gewohnt“, erzählt der 25-Jährige. Dass er fast akzentfreies Deutsch spricht, kommt nicht von ungefähr. Sakai hat eine deutsche Mutter und neben dem japanischen auch einen deutschen Pass. Watanabe kommt mit der fremden Sprache mittlerweile auch bestens klar, Teranuma paukt noch. „Das ist der japanische Fleiß“, sagt FVI-Trainer Marco Konrad.
Im Corona-Lockdown ging es zurück in die Heimat
Der Coach schätzt die Charaktereigenschaften der Asiaten. Auch Watanabe glaubt: „Japaner passen gut zum deutschen Fußball. Weil wir diszipliniert, freundlich und extrem mannschaftsdienlich sind.“ Ehrgeizig sind sie obendrein. Watanabe beispielsweise wollte selbst während der Corona-Zwangspause seine Runden im Illertisser Vöhlin-Stadion drehen, um fit zu bleiben. „Aber da hat mir der Platzwart erklärt, dass das nicht geht. Sportanlagen durften im Lockdown nicht betreten werden“, erklärt der 26-Jährige. Also ist er kurzerhand für ein paar Wochen nach Hause geflogen. „Ich konnte hier nichts machen. Jeder Tag hat sich angefühlt wie ein Sonntag“, sagt Watanabe lachend. Das hat sich längst wieder geändert.
Der Alltag ist eng getaktet, die Trainingsintensität hoch. Am kommenden Freitag beginnt für den FVI mit einem Heimspiel gegen Viktoria Aschaffenburg die neue Saison in der Regionalliga Bayern (Anpfiff 19 Uhr). Ein einstelliger Tabellenplatz ist das Ziel im Jubiläumsjahr zum 100-jährigen Bestehen des Vereins. Die drei Japaner wollen ihren Beitrag dazu leisten. Verteidiger Sakai verweist auf seine Zweikampfstärke, Watanabe auf seine Übersicht im Offensivspiel und Teranuma nennt selbstbewusst sein persönliches Ziel: „Ich will aufsteigen und mindestens zehn Tore schießen.“